2017-11-27 09:59

SC Alstertal-Langenhorn 3 – FC St. Pauli 5 18:16 (9:7)

19.11.2017, 15:00 Uhr, Sporthalle Grützmühlenweg

Schwere Zeiten

Deprimiert starrte ich in meinen Kir Royal. Die Ereignisse vom Sonntag ließen mich nicht los. Das Scheitern der Jamaika-Sondierungsgespräche – es hatte mir den Boden unter den Füßen weggezogen.

Das breite Bündnis der Vernunft war dahin. Ich war fassungslos. Wie sollte es jetzt weitergehen? Wer sollte unser sauer verdientes Geld in den Schuldendienst stecken? Wer würde verhindern, daß faule Südeuropäer auf unsere Kosten in Saus und Braus lebten? Dieses Land brauchte eine starke Regierung! Einen breiten Konsens der Demokraten, um die Horden gewaltbereiter Ausländer an unseren Grenzen und der gewaltbereiten Inländer in den Vorstädten abzuwehren. Doch ach!, dachte ich, es war eine ungünstige Konstellation der Sterne, die unser hart erarbeitetes Glück gefährdete…

„Schlecht gelaunt?“ fragte eine gut gelaunte Stimme neben mir. „Kein Wunder, was? Ich hab‘ gehört, ihr habt verkackt.“ Der Dude machte einen unerträglich wachen Eindruck. Wo war seine übliche Dope-Dämmernis? Jetzt knuffte der Kerl mich auch noch in die Seite. „Das mit der 5-1 war ja wohl ein ziemlicher Reinfall. Ich meine – man kann ja immer mal einen Gegner falsch einschätzen...“ fügte er mit einem süffisanten Grinsen hinzu.

Er nahm einen tiefen Schluck aus einem Glas mit einer rätselhaften Flüssigkeit. Woher hatte er seine Informationen? Und was zum Teufel ging mich dieses doofe Handballspiel an? Hier ging es um ernstere Dinge. Hier galt es, das unablässige Gerede vom Investitionsstau mit ruhiger Hand zu ignorieren und stramm durchzuregieren. Solide Seriosität war gefragt.

„Ihr habt‘s dann ja nach dem 6:1 auch gemerkt.“ blubberte er weiter. „Aber warum zum Teufel habt ihr denn ihren Torwart so berühmtgeschossen? Diesen Zwerg!“

Bei all dem Gelaber konnte ich kaum einen klaren Gedanken fassen. Die glitschige Seife der staatspolitischen Verantwortung, dachte ich, sie lag jetzt auf dem feuchten Boden der Koalitionsdusche. Doch würde die SPD noch einmal den Charakter aufbringen, sich danach zu bücken?

„Ich meine – Respekt für eure Aufholjagd.“ – der Dude interessierte sich einen Dreck für Politik – dieser verdammte Althippie. Verantwortungsloses Gesocks, das – hat nur den eigenen Spaß im Kopf. „Noch‘n Red Bull für mich! Also – mit zwei Rückstand in die Pause und drei Minuten später in Führung: alle Achtung. Das nenne ich Kampfgeist!“

Was sollten die europäischen Partner von uns denken? Die zentrale Großmacht des Kontinents versinkt im Chaos. Rechts- und Linksradikale bedrohen die Stabilität. Würde bald eine Minderheitsregierung mit Notverordnungen arbeiten müssen? „Weimarer Verhältnisse!“ durchzuckte es mich.

„Und dann verkackt ihr‘s in den letzten 10 Minuten doch noch. Dabei hattet ihr sie doch im Sack! MANN! Also das würde mich ärgern. Aber so richtig. Noch‘n Red Bull!“

Ich hörte ihm nicht mehr zu. Das dunkle Schicksal unserer großen Nation vor Augen bestellte ich einen Aperol Spritz, darin meine Sorgen zu ertränken. Was ist schon ein Handballspiel gegen den Untergang des Abendlandes? Würde gar der schlimmste Fall eintreten? Neuwahlen bis zum Tod? Man mußte mit allem rechnen.

(arne)

 Es spielten: Alv (3/0/1), Christian (1), Jonny (6), Michel, Martin K., Holger, Felix (Coach/Tor), Omar (2), Arne (3), Wilde (1), Kurt (Tor)

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